Frankfurt (Oder): Besuch in der Doppelstadt Słubice

Nicole Reuter

Vom 15.- 17. Juni 2023 waren wir dieses Mal wieder im Grenzgebiet zwischen Polen und Deutschland unterwegs. Dieses Mal ging es in die Doppelstadt Frankfurt (Oder) – Słubice. Die beiden Städte sind Orte intensiver Begegnungen, kulturellen Austauschs und grenzüberschreitender Kooperation. Seit Jahrzehnten wachsen Frankfurt (Oder) und Słubice zu neuen Verbindungen zusammen, denn Grenzüberschreitungen sind möglich und vor allem notwendig.

Von Clara Kölmel

Genau deswegen haben wir uns diese beiden Städte als Ort unserer Europawerkstatt ausgesucht. Die Grenze war während des dreitägigen Besuchs ein Thema, das sich durch alle Veranstaltungen zog. Die Stadtführung durch Słubfurt /Nowa Amerika gab uns neben einem allgemeinen Bild der Stadt auch Einblicke in das Kunstprojekt. Słubfurt ist eine Stadt, die die Doppelstadt vereint. Der Name setzt sich aus Słubice und Frankfurt zusammen und liegt im Staat Nowa Amerika. Hier gibt es eine eigene Botschaft und ein Rathaus, den Brückenplatz 2.0. Alle sind hier willkommen und haben die Möglichkeit zu partizipieren, unabhängig von Herkunft oder Aufenthaltsstatus.

Słubfurt

Am Brückenplatz fand auch unsere zweite Veranstaltung statt, bei der es um Grenzenlose Teilhabe ging. Dieser Workshop wurde in Kooperation mit dem Projekt EMVI – Empowering Migrant Voices on Integration and Inclusion Policies – von Move Global durchgeführt. Wir kamen ins Gespräch mit Menschen aus Afghanistan, Syrien und Kamerun. Durch die Frage, was bedeutet Europa und Partizipation für mich, wurde deutlich, dass es nicht nur die physische Grenze, sondern auch strukturelle Grenzen wie Diskriminierung und Rassismus für die Teilnehmenden gibt. Der Workshop hat uns zudem einen weiteren wichtigen Aspekt aufgezeigt: nicht für jede Person ist die Grenze zwischen Deutschland und Polen überwindbar.

Foto: Clara Kölmel

 

Am nächsten Tag ging es mit zwei parallelen Veranstaltungen weiter. Eine Gruppe ging durch die Straßen von Slubice und Frankfurt (Oder) und befragte Menschen zu ihrem Leben in der Doppelstadt. Die andere Gruppe besuchte das Konrad Wachsmann Oberstufenzentrum, wo unser RescEU Spiel stattfand. Den Schüler:innen wurde hier durch einen Peer-to-Peer Approach und in verschiedenen Räumen mit unterschiedlichen Rätseln die Europäische Union mit ihren diversen Aspekten näher gebracht. Am Ende stand fest, dass eine Sache besonders wichtig ist: Zusammenhalt.

rescEU Spiel / Foto: Clara Kölmel

Am 16.06. fand abends unser Marktplatz mit Open Space Europe statt. Ein Format, das in jeder Stadt umgesetzt wird. Organisationen aus Politik, Zivilgesellschaft und viele mehr in Frankfurt (Oder) und Słubice, die sich aktiv für eine offene und tolerante Gesellschaft und oder Europa einsetzen, konnten sich hier austauschen und/oder ihr Anliegen präsentieren. Im zweiten Teil wurden in einem offenen Format auf Augenhöhe Themen mit Bezug zu Europa diskutiert. Es ging insbesondere um die grenzübergreifende Zusammenarbeit aber auch einmal mehr um die Grenze an sich. Verschiedene Herausforderungen, wie Sprachbarrieren sowie auch anti-europäische Tendenzen in beiden Ländern wurden diskutiert, die als eine Gefahr für die Freiheit und Demokratie innerhalb Europas wahrgenommen werden. Auch der Umstand, dass die Grenze nicht für alle einfach überwindbar ist, wurde erneut intensiv diskutiert. Einigen  Gesellschaftsgruppen bleibt diese Freiheit aufgrund ihrer Herkunft verwehrt. Dennoch wurden auch gleichzeitig die großen Chancen und Vorteile, die ein Leben in solch einer Doppelstadt hat, herausgearbeitet. Die grenzübergreifende Zusammenarbeit stellt eine große Chance dar, die nicht nur auf politischer Ebene, sondern zum Beispiel auch universitärer Ebene, wie mit dem Collegium Polonicum, Potenziale birgt.

Foto: Clara Kölmel

Unser letzter Tag startete mit dem Open Dialogue for Peace in Kooperation mit der ukrainischen NGO Tan Art Group. Wir kamen ins Gespräch über das jeweilige Verständnis von Frieden und Europa. Dadurch bekamen wir Einblicke in die individuellen Auffassungen von Frieden, aber auch einen Einblick in die gelebte Realität des Friedens in der Region. 

Als Abschluss unseres Besuchs in Frankfurt Oder besuchten wir das Konzert des akademischen Jugendsinfonieorchesters aus Charkiw mit dem deutsch-ukrainischen Dirigenten Igor Budinstein. Das Konzert fügte sich perfekt in den Gesamtkontext des Workshops ein, da es unter dem Aspekt von Freiheit und Frieden zeigte, wie auch durch Kunstformen wie Musik gemeinsames Verständnis und Einheit geschaffen werden kann.

Foto: Clara Kölmel

Wir danken allen Teilnehmenden und Helfenden sowie den Aktiven für die Teilnahme an den Workshops und der Werkstatt und für ihre vielen spannenden Einblicke und Gespräche sowie Denkanstöße.